Aus dem geplanten kurzen Kommentar zu einem Text des ehemaligen Stadtratskollegen Mathias Meder auf rheinneckarblog.de ist ein längerer Text geworden. Der Artikel selbst ist zum Verständnis hilfreich, weil ich darauf verweise: Der gelähmte Gemeinderat
Dass die Mehrheitsfindung in diesem Jahr schwieriger werden wird als bei den letzten Etatberatungen, will ich gar nicht leugnen. Das war aber schon nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr klar.
Die einzige Mehrheit, die seit der Kommunalwahl nicht mehr ohne weitere Unterstützung möglich ist, ist die aus SPD, Grünen und Linken, die vor allem die letzten beiden Etatberatungen (also vor der Kommunalwahl und vor der Zersplitterung des Gemeinderats) unter sich ausgemacht haben. Es ist aber reine Spekulation zu vermuten, dass Herr Ferrat in den Etatberatungen als parteiloser Stadtrat ein verlässlicher, stabiler Partner für dieses Bündnis gewesen wäre, und es erst jetzt nicht mehr ist.
Und selbst während der ziemlich stabilen rot-rot-grünen “Koalition” von 2009 bis 2014 gab es Fälle, in denen sich andere Mehrheiten gebildet haben, und zwar gerade bei den im Text angeführten Themen. Im Gemeinderat werden nämlich tatsächlich Sachentscheidungen gefällt, und SPD, Grüne und Linke sind immer noch drei unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Programmen…
So wurde in den letzten Etatberatungen aufgrund von Anträgen von CDU und SPD und gegen die Stimmen der Grünen und der FDP der Kommunale Ordnungsdienst aufgestockt – wohl noch heute ein Dorn im Auge des damaligen sicherheitspolitischen Sprechers der Grünen-Fraktion.
Bei der Frage der Verlegung der Straße Am Aubuckel im vergangenen Jahr waren CDU und SPD (zumindest mehrheitlich) auf einer Linie, während die Grünen sich nicht einigen konnten. Zu einer Abstimmung ist es ja bisher leider nicht gekommen, weil schon damals keine “breite” Mehrheit absehbar war.
Sogar in der Bildungspolitik, wo das “fast unmöglich” sein soll, ist es schon mehrfach geschehen: beim Beschluss des Hort-Anbaus in Feudenheim, wo die SPD sich gegen sämtliche Einflussversuche des Oberbürgermeisters mit der CDU verbündete, und bei der Einführung der G9-Züge am Karl-Friedrich-Gymnasium, wo sich der grün-rote Konflikt aus der Landtags-Koalition im Gemeinderat fortsetzte. Die CDU war am Ende das Zünglein an der Waage.
Ich persönlich bin im Mannheimer Gemeinderat, um Sachentscheidungen zu fällen. Im Bereich Jugendhilfe sind mir oft die Grünen am nächsten, in der Bildung die FDP, bei der inneren Sicherheit ML oder SPD. Sogar mit den Linken haben wir in einer denkwürdigen Abstimmung einmal die Grundsteuererhöhung für Landwirte verhindert.
Ist es schlimm, wenn man sich aufgrund inhaltlicher Erwägungen bei unterschiedlichen Themen unterschiedliche Mehrheiten sucht? Ich meine nein. Schlimmer ist es, wenn Mehrheiten nur aufgrund eines Kuhhandels quer durch die Themenfelder überhaupt zustande kommen, obwohl in Wirklichkeit eine Mehrheit der Stadträte dagegen wäre.
Die einzigen, die sich künftig definitiv mehr ins Zeug legen müssen, um eine Mehrheit des Gemeinderats zu überzeugen, sind wohl die Dezernenten und der Oberbürgermeister. Aber das ist ganz gut so. Immerhin geht es um das Wohl einer sehr bunten, vielfältigen Stadt, die nicht zufällig auch durch einen bunten Gemeinderat vertreten werden will – und nicht nur durch die immer gleiche knappe Mehrheit. Das macht die Entscheidungen nicht einfacher, aber vielleicht ehrlicher.
Zum Glück ist der Gemeinderat kein Parlament, das mit einer stabilen Mehrheit eine Regierung stützen muss, komme was da wolle.