Bürgerinnen und Bürger erwarten von der Politik, dass sie ihre Privatsphäre schützt. Das Erregungspotential ist (zurecht) groß, wenn der Staat wie bei der Vorratsdatenspeicherung ohne konkreten Anlass in die Privatsphäre eingreift.
Das Privatleben der Politikerinnen und Politiker hingegen ist in den Medien ein Quotenbringer und die Meinung, man habe ein Anrecht darauf, alles über gewählte oder noch zu wählende Amts- und MandatsträgerInnen zu erfahren, ist weit verbreitet.
Ich bin Politikerin und damit eine Person des öffentlichen Lebens, aber ich habe trotzdem ein Privatleben. Manches mag im Sinne der Transparenz von öffentlichem Interesse sein, z.B. mein Arbeitgeber, meine Vereinszugehörigkeiten, meine Ausbildung… Anderes geht nur mich oder meine Familie und meine Freunde an.
Es klingt redundant, aber so banal ist es nicht: Mein Privatleben ist privat und das soll es auch bleiben. Wenn ich zu viel öffentlich preisgebe, lade ich die Öffentlichkeit ein, sich mit meinem Privatleben auseinanderzusetzen. Das erzeugt vermeintlich Nähe – und mag auf den ersten Blick sympathisch wirken. Es führt aber allzu oft zu einer Distanzlosigkeit, die mir in den letzten Jahren auch hier vor Ort in Mannheim zunehmend zu schaffen macht.
Distanzlosigkeit in der Politik
Die Mehrheit der ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürger in Mannheim geht respektvoll miteinander und mit den Mitgliedern des Gemeinderats um. Aber andere sehen sich bei ihrem Thema gerne als die einzig wahren Vertreter der Bürgerinteressen. Unter ihnen gibt es immer mehr Menschen, die PolitikerInnen offenbar für seelenlose, prinzipienlose Maschinen halten, die man nach Gusto beschimpfen darf – oder aber für Kumpel, die nichts anderes zu tun haben, als sich auf Zuruf für Einzelinteressen einzusetzen.
Dass auch wir StadträtInnen Menschen sind, die sich ehrenamtlich politisch engagieren, wird von Mitgliedern mancher Bürgerinitiative gern in Abrede gestellt. Dass in der Demokratie in regelmäßigen Abständen die Bürgervertreter in demokratischen Wahlen bestimmt werden, ignoriert man auch gern – ebenso wie die Tatsache, dass PolitikerInnen die Interessen aller vertreten (sollten), nicht nur der eigenen WählerInnen oder derjenigen, die besonders laut schreien. (Das vergessen übrigens auch viele PolitikerInnen gern…)
Die vergangenen Jahre haben in Mannheim zahlreiche Beispiele für dieses Phänomen geliefert und es ist so ausgeprägt, dass Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz beim städtischen Neujahrsempfang 2015 eine Forderung nach mehr Respekt im politischen Streit aufgestellt hat und der Neujahrsempfang 2016 die Demokratie und das demokratische Miteinander in den Fokus nehmen wird.
Privat ist privat – auch bei Facebook
Den abfälligen Pauschalurteilen und Beschimpfungen gegenüber “der Politik” könnte ich nun begegnen, indem ich meine Menschlichkeit in den Fokus rücke, mein Privatleben öffne. Ich könnte meine Facebook-Timeline zur selbstgeschriebenen “Homestory” machen und jede Gelegenheit nutzen, auch in anderen Medien mein Privatleben zur Schau zu stellen, mich als Mensch zu präsentieren. Aber das ist aus meiner Sicht genau der falsche Weg, weil es nur zu noch mehr Distanzlosigkeit führt. Die einmal gesenkte Schranke dann bei Bedarf wieder aufzurichten, ist unmöglich.
Ich gehe daher einen anderen Weg, und trenne künftig noch deutlicher als bisher zwischen öffentlich und privat. Privat ist privat – und was ich von mir preisgebe entscheide ich selbst – auch auf Facebook, wo ich für diese Unterscheidung schon heftige Prügel einstecken musste.
Ich selbst nutze das soziale Netzwerk schon seit April 2007, deutlich länger als die meisten Amts- und MandatsträgerInnen meiner Partei – und von Beginn an überwiegend privat. Meine Familie, meine engen Freunde, meine Bekannten habe ich Gruppen zugeordnet und entscheide ganz gezielt, wer was sieht – Fotos von meiner Tochter zum Beispiel, die ich nur äußerst selten und dann fast ausschließlich mit Menschen teile, denen ich vertraue. Oder meine Urlaubspläne und Urlaubsbilder – schon aus Sicherheitsgründen sollte man die nicht öffentlich posten. Einfach mal die Polizei fragen: die können ein Lied davon singen, wie sehr sich Einbrecher über solche Posts freuen.
Parallel dazu bekomme ich aber auch zahlreiche Freundschaftsanfragen von Menschen, die mich als Politikerin “kennen”. Und keine Frage: Facebook eignet sich hervorragend auch zum öffentlichen Netzwerken und zur politischen Kommunikation. Mit den Privatsphäre-Einstellungen kann man das theoretisch auch gut innerhalb des persönlichen Profils trennen. Einziges Problem: mein Feed zeigt mir überwiegend Posts von Menschen, die ich gar nicht persönlich kenne, und es ist ein enormer Aufwand, für jeden “Freund” die Einstellungen entsprechend anzupassen.
Ich habe mich daher entschieden, parallel zu meinem privaten Profil eine “Politiker-Seite” einzurichten und hoffe, dass diejenigen “Freunde”, die sich in erster Linie politisch für mich interessieren, den Wechsel von sich aus vollziehen. Meinen persönlichen Freunden erspare ich den “Umzug”, sie können bleiben, wo sie sind. Allen anderen räume ich ein wenig Zeit ein, um auf meiner offiziellen Seite “Iike” zu klicken. Und nach und nach werde ich in meinem persönliche Profil diejenigen entfreunden, mit denen ich nicht auch “IRL” eine gute Beziehung pflege.
Meine politische Facebook-Seite steht (einschließlich Kommentar-Funktion) allen offen, die sich zur Demokratie und zum Rechtsstaat bekennen – ebenso wie natürlich auch weiterhin meine Homepage. Ich freue mich über alle, die mitlesen, und auch weiterhin über Rückmeldungen zu meinen Texten.
Und ich werbe um Verständnis – für mich und meine Kolleginnen und Kollegen – wenn wir auch für uns in Anspruch nehmen, eine Privatsphäre zu haben.