Genau zehn Wochen haben die Etatberatungen in Mannheimer Gemeinderat gedauert – von der Einbringung des Haushaltsentwurfs durch den Oberbürgermeister und den Finanz-Dezernenten am 6. Oktober bis zur Verabschiedung der Haushaltssatzung durch den Gemeinderat am 15. Dezember.
Wobei – vielleicht muss ich da präziser sein: Verabschiedet wurde die Haushaltssatzung durch eine Mehrheit des Gemeinderats, nämlich von den Fraktionen der SPD, der CDU und der Grünen, der Gruppierung der Linken und Einzelstadtrat Lambert. Man könnte jetzt meinen, das seien all diejenigen gewesen, die im Haushalt mit ihren Anträgen und ihrem Stimmverhalten eigene Schwerpunkte setzen konnten und die ihm deshalb auch zugestimmt haben. Und ganz falsch ist diese Einschätzung auch nicht. Es gibt aber noch eine Handvoll weiterer Stadträte, deren Stimmverhalten ganz maßgeblich zur Gestaltung des Haushalts beigetragen hat, die ihn am Ende aber trotzdem abgelehnt haben.
Leider war es mir bei hunderten Anträgen nicht immer möglich, das genaue Abstimmungsverhalten festzuhalten. Dazu fehlte einfach die Zeit. Aber auch ohne statistische Auswertung ist mir in Erinnerung: diese Stadträte haben an vielen Stellen gestaltend am Etat mitgewirkt – ohne sie hätten zahlreiche Anträge keine Mehrheit gefunden.
Das ist an sich vollkommen normal – die Mehrheitsverhältnisse im Mannheimer Gemeinderat führen fast zwangsläufig zu wechselnden Mehrheiten und auch meine Fraktion war an der einen oder anderen Stelle auf die Unterstützung durch Kollegen anderer Parteien und Wählerlisten angewiesen und ist dafür dankbar.
Was mich ärgert? Dass manche zwar fleißig mitgestaltet und auch zahlreiche zusätzliche Haushaltsverschlechterungen mit beschlossen haben, sich am Ende aber nicht in der Lage sahen, der von ihnen mitverantworteten Haushaltssatzung zuzustimmen.
Auch ich hätte mich gefreut, wenn wir die Grundsteuererhöhung verhindert hätten. Sie ist aus meiner Sicht das falsche Signal, wenn man gleichzeitig dringend bezahlbaren Wohnraum benötigt.
Auch mir wäre es lieber, wenn wir nicht noch zusätzliche zwei Millionen Euro strukturelle Einsparvorgabe für das Haushaltsstrukturprogramm III beschlossen hätten. Mir fallen spontan einige aktuelle Beschlüsse ein, die wohl als erste wieder in Frage gestellt werden. (Zum Teil übrigens genau die, wo eine Mehrheit nur durch besagte Stadträte zustande kam.)
Aber ich persönlich akzeptiere, dass die Demokratie von Kompromissen lebt und Mehrheiten braucht. Und ich übernehme auch Verantwortung für das, was am Ende der Kompromisse und der Mehrheitsbeschlüsse übrig bleibt, wenn ich daran maßgeblich beteiligt war – auch wenn ich bei manchen für mich wichtigen Punkten überstimmt wurde.
Schade finde ich in diesem Zusammenhang, dass die Bürgerinnen und Bürger über unser Abstimmungsverhalten nur das erfahren, was wir ihnen selbst mitteilen. Die Einzelheiten, das wochenlange Ringen um die richtigen Anträge und um Mehrheiten, die Suche nach Kompromissen – all das sehen am Ende nur diejenigen, die beteiligt waren. Das Abstimmungsverhalten der einzelnen Stadträtinnen und Stadträte wird nicht dokumentiert.
Mal sehen, ob am Ende alle zu dem stehen, was sie mit ihren Stimmen in den Haushalt hineingeschrieben haben, oder ob bei jeder Gelegenheit darauf verwiesen wird, man habe den Etat ja schließlich abgelehnt. Zu meinem eigenen Abstimmungsverhalten bei einzelnen Punkten schaffe ich auf Nachfrage gerne Transparenz – das bin ich den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.
Meine Zustimmung zum Haushalt ist natürlich am Ende auch eine Zustimmung zur Grundsteuererhöhung – obwohl ich sie eigentlich für falsch halte. Aber in der Abwägung überwiegen im Doppelhaushalt 2016/2017 die aus meiner Sicht richtigen Weichenstellungen und eine Ablehnung wäre nach meinem Verständnis verantwortungslos gewesen. Jeder einzelne Stadtrat und jede einzelne Stadträtin hätte in diesem Doppelhaushalt irgendwo ein Haar in der Suppe finden können, das als Begründung für eine Ablehnung herhalten könnte. Aber so funktioniert Demokratie nicht.
Mit Blick auf das Haushaltsstrukturprogramm III, das ohne spürbare und teilweise schmerzliche Einschnitte nicht zu machen sein wird, wünsche ich uns allen den Mut, zu unserem jeweiligen Abstimmungsverhalten zu stehen – nicht nur beim Gesamtpaket sondern bei jeder einzelnen Kürzung.